In Puerto Montt warteten wir 4 Tage lang vergeblich auf Annas neue Bankkarte. Neftalí, an den der Brief adressiert wäre, fuhr mit uns sogar zum Post-Verteilzentrum von Puerto Montt. Dort konnten wir zuschauen, wie die Briefe von Hand in Gestelle einsortiert wurden. Die Angestellten schwatzten dabei laut miteinander und schienen es sehr lustig zu haben.
Viel Zeit verbrachten wir auch in der Küche unseres Gasthauses. Zum Beispiel buken wir Apfelkuchen und Brot oder kochten Fleisch und frisches Gemüse.
Mit aufgefüllten Energiereserven fuhren wir weiter in die Chilenische Schweiz. Die von Seen und Landwirtschaft geprägte Landschaft erinnert wirklich ein wenig an die Schweiz. Die grossen Vulkane, von denen man meistens zumindest einen sieht, erinnern einen daran, dass man doch nicht in der Schweiz ist. Wir fuhren der Ostküste des Llanquihue-Sees entlang, an Entre Lagos ("Interlaken") vorbei und schliesslich über den mit Vulkanasche bedeckten Paso Cardinal Samoré nach Argentinien. Daraufhin folgte die Ruta de los 7 Lagos, die kurvenreich und mit viel Auf und Ab durch eine wunderschöne Wald- und Seenlandschaft bis nach San Martín de los Andes verläuft. In Junin de los Andes, einer berühmten Fliegenfischer-Destination, stellten wir fest, dass unser Reisebudget für einen Tag Fliegenfischen nicht ausreicht. Dafür entschieden wir uns für einen weiteren Abstecher von der Routa 40, der schnellsten Süd-Nord-Verbindung und fuhren wiederum grösstenteils auf Ripio über Aluminé nach Las Lajas. Die Kombination aus Sand und Wellblech vermieste uns manchmal die Stimmung und wir fragten uns, weshalb wir das überhaupt machen.
Doch beim letzten grossen Anstieg kamen wir in eine Landschaft von unbeschreiblicher Schönheit: Riesige, in der Abendsonne golden leuchtende Sandhügel, die mit majestätischen Aurakarien bewachsen sind. Leider wurde die Kamera, mit der man diese Schönheit erfassen könnte, bisher noch nicht erfunden.
Die Chilenische Araukarie (araucaria araucana), auch Affenschwanzbaum oder auf Englisch Monkey Puzzle Tree genannt, kommt nur in ganz bestimmten Höhenlagen und Gebieten vor und sieht aus wie von einer anderen Welt. Der Stamm eines Exemplars spendete unserem Zelt Windschatten während einer kühlen Nacht. Am nächsten Tag folgte die Abfahrt vom Paso Pino Hachado. Dabei ging es nicht nur etwa 50 km weit bergab, sondern wir hatten auch noch Rückenwind. Ein Hochgefühl!
Noch viel rasanter als wir uns nach Las Lajas bewegten, veränderte sich die Landschaft in die trockene, windige Dornbusch-Ödnis der Ostseite der Anden.
Alles weitere kurz zusammengefasst:
- Ankunft auf dem Campingplatz Las Lajas
- letzte Sonnenstrahlen und trockene Kekse geniessen, duschen
- Einkauf im Supermarkt, erfolglose WiFi-Suche.
- Barbecue auf Campingplatz (6 Rindsplätzli, 1 Aubergine, 1 Peperoni, 4 Tomaten, 1 Zwiebel, 200 g Polenta, 1 Packung Erdnüsse, 1 Bier, 1 Flasche Sprite, 4 Jalapeños, 2 Linzertörtli
- schlafen, packen, Einkauf, erfolglose WiFi-Suche
- Im Gegenwind nach Chorriaca
- Entgegen den Informationen aus Las Lajas gibt es keinen Laden und auch keinen Campingplatz in Chorriaca.
- Zelt vor dem Polizeiposten aufstellen, Notvorrat kochen, schlafen, früh aufstehen, da der Wind am Morgen weniger stark ist.
- Im Gegenwind nach Chos Malal fahren. Unendlichkeit. Dornbüsche. Mittagessen im Bushäuschen.
- Ankuft in Chos Malal (2×3 Kugeln Eiscreme in der Heladeria, 2 Kaffee, 4 facturas in der Bäckerei; 1 l Fruchtsaft, richtiger Käse, Crackers, Oliven, Limonade vom Supermarkt; später 2 Pizzas, 1 Flasche Sprite)
- Ruhetag, Frühstück in der besten Bäckerei diesseits des Atlantiks (4 Gipfeli, 6 weitere Facturas, 4 richtige!!!!! Kaffees).
- 2-stündige, erfolglose Suche nach Reinbenzin (die wir aufgaben, als wir wieder zu der Ferreteria geschickt wurden, bei der wir unsere Suche begannen).
- etwas gegen Andrés Sonnenallergie kaufen (nach entsprechender Schnelldiagnose durch Apotheker).
Täglich erleben wir ein Auf und Ab der Emotionen.
Wir freuen uns darüber, was wir sehen und erleben dürfen oder was unsere Körper leisten können. Wir staunen über die für uns neue Landschaftsformen, fühlen uns manchmal klein und machtlos, wenn wir kaum gegen den Wind ankommen und wir sehen, was noch vor uns liegt. Beim meditativen rhythmischen trampeln entspannen wir uns und sind beglückt ab der Distanz und Zeit, die vergehen. Wir sind enttäuscht, wenn uns wieder mal jemand falsche Informationen über das nächste Dorf oder die Strasse gegeben hat, oder fühlen uns gelangweilt, wenn wir wieder in ein Dorf kommen, das genau so aussieht wie die anderen davor. Manchmal sind wir wütend, weil Hunde anscheinend nur dann bellend und die Zähne fletschend auf die Strasse rennen, wenn jemand mit dem Velo vorbeifährt, sonst aber faul herumliegen.
Wir denken, dass wir damit am besten umgehen können, wenn wir immer weiter fahren, die Herausforderung suchen und jedem schlechten Moment einen schönen folgen lassen.
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